Anerkennungsverluste*

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(Wilhelm Heitmeyer)

Anerkennungsverluste gehen an die Substanz. Wenn Menschen Ihre Umgebung nicht mehr verstehen, wenn sie sich nicht mehr verstanden fühlen und sich von der Pluralität von Lebensentwürfen moderner Gesellschaften überfordert fühlen, kann das als Kontrollverlust erlebt werden. Dann ist die Sehnsucht nach Regression und Rückkehr zu „alten Zeiten“ nicht weit. Wenn, in Zeiten der Dauerkrise, die alten Zustände vor den Krisen nicht wieder herstellbar sind, führt das zu einem Vertrauensverlust in die politischen Systeme und die Eliten, die diese Systeme vertreten, und zum Rückzug (in eine „wutgetränkte Apathie“). In dieser Situation und in diesem Zustand sind Menschen offen für Verschwörungsideologien aller Art, und die Bereitschaft wird groß, einfachen Versprechungen und Parolen, wie diese Kontrolle wieder hergestellt werden könnte, zu folgen („Wir sind die Opfer..tötet die Feinde“). Ja, die Parole selbst, ruft oder brüllt man sie nur laut genug, wird bereits als Macht, als Rückeroberung von Kontrolle über die Kommunikation erlebt. Ein Einfallstor für Populisten aller Art (Maga), autoritäre Ideen, Nationalradikalismus und das, was Umberto Eco den „ewigen Faschismus“ nannte.

Wenn Menschen sich in ihren Lebensformen und kulturellen Präferenzen in der Öffentlichkeit und in den offizielle Medien nicht (mehr) angemessen repräsentiert sehen, führt dies in den entsprechenden Milieus zu Frustration, Ohnmacht und Wut, zu Gefühlen, die sich Kanäle suchen.

Anerkennungsverluste gehen an die Substanz der Person. Niemand kann ohne Anerkennung leben. Bestimmte Lebensformen – sowohl traditionell hergebrachte als auch alternativ experimentelle – bieten, insbesondere in Zeiten von Kontrollverlust, Stabilität und ein Gefühl von Geborgenheit. Die eingeforderte Konformität in homogenen Milieus (Hier pfeifen wir auf das gendern, oder hier nennt jede Person erstmal Geschlecht und Pronomen) wirkt dabei wie ein Schutzschild gegen die allgemeine Verunsicherung (früher war das mal der Name einer Band in Österreich). Und diese Schutzhülle, die Konformität, wird aggressiv gegen jede Irritation verteidigt, die als Bedrohung wahrgenommen wird.

Linke und rechte (woke und nichtwoke) Identitätsideologien wirken hier wie Brandbeschleuniger, da Identitätsideologien immer – über die Betonung bestimmter Merkmale – mit Ausgrenzungen (Othering) und Feindbildern arbeiten, was zur Nichtanerkennung des Differenten, Widersprüchlichen und Vielschichtigen, und schließlich zur Zerstörung von Kunst und Wissenschaft, Gesellschaft und Gemeinschaft führt.

Achtung – Homo Sapiens

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Die mächtigsten und reichsten unter den Menschen sind häufig die größten Arschlöcher. Sie schaden der Menschheit und werden dennoch bewundert. Irgendetwas mit dieser Spezies kann nicht stimmen.

(nach dem Lesen eines Artikels über Elon Musk)

Umwelt-Verantwortung

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Egal, wie umweltbewusst man lebt, die Probleme hören nicht auf. Wie geht man damit um?
Eine Kolumne von ZEITMAGAZIN NR. 47/2020

Wenn man sich mit Umweltthemen beschäftigt, bekommt man schnell das Gefühl der Ausweglosigkeit. Selbst wenn man sich in jedem Bereich seines Lebens ökologisch einigermaßen korrekt verhielte, gibt es ja immer noch die, die es nicht tun. Abgesehen davon, dass man es natürlich selbst niemals schaffen würde. Es ist das Gefühl der Ohnmacht, von dem man weiß, dass es Menschen depressiv macht: Was auch immer man tut, es ist nie genug. Die schlechten Nachrichten reißen trotzdem nicht ab.

Ich hatte Menschheit gesagt, aber Eser differenzierte diesen Begriff erst mal: „Nicht jeder Mensch ist in gleicher Weise Teil des Problems. Gerade ist eine Studie herausgekommen, die zeigt, dass nur zehn Prozent der Menschheit für die Hälfte der CO₂-Emissionen verantwortlich sind. Aber klar, das ist superfrustrierend: Selbst wenn man ganz viel richtig macht, ist die Gesamtmenge, die man emittiert, allein dadurch, dass man in einer industrialisierten Gesellschaft lebt, viel zu hoch.“

„Genau das macht mich ja so fertig: Ich sündige, egal wie sehr ich mich anstrenge“, sagte ich.

„Ich würde zunächst mal gern den Begriff der Sünde hinterfragen – besser ist der Begriff der Verantwortung. Verantwortung übernimmt man, und es gehört dazu, dass es eine Grenze gibt: Man ist für das eigene Handeln verantwortlich, aber für das der anderen nicht. Das Schwierige ist, dass das, was der Einzelne tut, nicht reicht. Der Dampfer fährt, und wenn einer einen Anker ins Wasser hängt, dann bringt das gar nichts. Und deshalb muss es politisch verhandelt werden.“

„Aber immer wenn ich zu diesem Gedanken gelange“, sagte ich, „lässt meine Selbstdisziplin nach, und ich kaufe Dinge, von denen ich schon im Moment des Kaufens weiß, dass ich sie nicht brauche.“

„Für mich ist das auch eine Frage der Selbstachtung: Verhalten, das man als falsch erkannt hat, sein zu lassen. Nicht aus der Illusion, man könne die Welt verändern, sondern aus dem Bedürfnis heraus, im Einklang mit den eigenen Überzeugungen zu leben.“

„Und es ist ja nicht so, dass wir kollektiv nicht handeln können“, fuhr Eser fort. „Das hat Corona gezeigt, die politische Ansprache, die neu ist: ›Ihr müsst es nicht gut finden, aber wir müssen das jetzt machen, weil sonst etwas passiert, das noch viel unangenehmer ist.‹“

„Und diese Ansprache fehlt in Umweltfragen?“

„Genau. Je weniger Regulierung man sich zutraute, desto mehr setzte man stattdessen auf Umweltbildung. Nach dem Motto: Wir müssen schon in der Schule den Kindern sagen, was das Problem ist. Dabei sollte man die Kinder damit in Ruhe lassen.“

„Und was genau ist noch mal das Problem?“

„Und was mache ich jetzt?“

„Ich zitiere da immer gerne diesen Satz von Fulbert Steffensky, dem Theologen: ›Hoffen heißt handeln, als wäre Rettung möglich. Es ist aber nicht ausgemacht, dass unsere Mühe auch zur Rettung führt.‹“

Das ist nun wirklich kein optimistischer Satz, aber seit ich ihn kenne, bin ich weniger verwirrt.

Selbstakzeptanz bedeutet Entwicklung

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Wir leben entspannter mit einem guten Kontakt zu unseren Schattenseiten, Schwächen und Ängsten. In sicheren Situationen und wertgeschätzt können wir sie anschauen und werden ruhiger. Gebundene Energie wird frei – Angst liefert Energie, das ist ihre überlebenswichtige Funktion – und wir entwickeln mehr Toleranz für uns selbst, für andere, für Ambiguität, das Aushalten offener Fragen und Situationen.

Selbstakzeptanz statt Selbstoptimierung (Willi Butollo).